Schule ohne Noten
Als ein Veränderungsvorhaben hat sich unsere Schule vorgenommen, ein notenfreies Zeugnis einzuführen. Warum ist dieser Wunsch entstanden?
Inklusion und individualisiertes Lernen
Inklusion bedeutet, dass alle Kinder gemeinsam unterrichtet werden und entsprechend ihrer Fähigkeiten gefördert werden. Individualisiertes Lernen ist dabei ein zentraler Aspekt guten Unterrichts. Jedes Kind soll genau dort abgeholt werden, wo es steht. Doch wie kann dieser Lernfortschritt in Noten dargestellt werden? Notenzeugnisse können Kinder mit Förderbedarf ausschließen, da diese oft einen ausführlichen Bericht anstelle einer Note erhalten. Obwohl solche Berichte viel Wertschätzung und individuellen Aufwand zeigen, fühlen sich die Kinder oft stigmatisiert, weil sie als „anders“ wahrgenommen werden.
Rückmeldung geben
Neben Noten und Arbeiten müssen wir die Lernentwicklung jedes Kindes dokumentieren und Förderpläne erstellen, da Noten individuelle Fortschritte kaum abbilden. Noten vergleichen meist nur den Kenntnisstand oder die Leistung innerhalb der Klasse. Die individuelle Entwicklung wird selten berücksichtigt, außer vielleicht im Sportunterricht oder wenn ein Kind zwischen zwei Noten steht.
Beispiele zeigen, wie wenig aussagekräftig Noten sein können:
- Wenn der Notendurchschnitt schlecht ist, wird die Arbeit angepasst oder wiederholt, obwohl sie im Vorjahr gültig war.
- Ist eine Arbeit sehr gut, fragt man sich: War der Unterricht zu leicht oder die SchülerInnen besonders stark?
- Themen, die nicht behandelt wurden, beeinflussen trotzdem die Noten nicht.
- Fritzchen lernt nach einer schlechten Note alles, schreibt die Arbeit aber nicht erneut, weil es „unfair“ wäre.
Eine Note ist immer ein Durchschnittswert und sagt nichts darüber aus, was das Kind wirklich gelernt hat oder wo es sich noch verbessern muss.
Fairness
Noten sind nicht objektiv. Studien zeigen, dass Faktoren wie Schriftbild oder soziale Herkunft die Bewertung beeinflussen.
Noten schließen das Lernen ab.
Selbst wenn ein Kind nach einer Arbeit noch fleißig lernt, um Lernrückstände aufzuholen, ändert das nichts mehr an der Note. Auch leistungsstarke SchülerInnen haben keinen Anreiz, über das notwendige Maß hinaus zu lernen, wenn sie schon eine Eins haben.
Psychische Auswirkungen
"Kommt das in der Arbeit dran?" Noten erzeugen Druck und fördern den Vergleich unter den SchülerInnen. Sie führen dazu, dass oft nur für die nächste Arbeit gelernt wird, anstatt nachhaltig und für das Leben zu lernen.
Wo stehen wir heute?
Durch mangelnde Versorgung mit Lehrkräften ist dieser für uns wichtige Meilenstein in der Schulentwicklung noch nicht vollständig erreicht.
Wichtige Etappenziele:
Die Einsicht, dass das Zeugnis nicht die einzige Form der Rückmeldung in Schule ist.
Regelmäßige Rückmeldung im Unterricht oder bei Eltern-Kind-Gesprächen geben viel mehr Einblick in den Leistungsstand als das Zeugnis. Durch den Austausch ist auch eine Vereinbarung neuer Ziele oder Maßnahmen möglich, um Kinder beim Lernen erfolgreich zu begleiten.
Unterstützt wird dieser Prozess durch neu entwickelte Kompetenzraster, die verdeutlichen, wo ein Kind gerade steht und welchen Lernzuwachs es seit dem letzten Treffen erreicht hat. Die Kompetenzraster sorgen zusätzlich für Transparenz, da durch sie klar und deutlich aufgeführt wird, welche Kompetenzen im entsprechenden Jahrgang erreicht werden sollen.